Joma Bunk - Die Welt der Oberflächlichkeit entkräften
Joma Bunk ist fasziniert von Verfall und Alterung, weshalb sie ein großer Teil seines künstlerischen Schaffens sind. Mit dem Übermalen von Magazincovern setzt er einen Kontrapunkt zur Perfektion.
Sie beschäftigen sich seit 2019 mit dem Verfremden und Übermalen von Magazincovern. Aus übernatürlichen Schönheiten machen Sie mit lehmiger Farbe brüchige, comichafte Figuren. Wie sind Sie dazu gekommen und was fasziniert Sie daran besonders?
Den Ursprung dessen gab es bereits 2018 als ich Aktbilder von Dahmane Benanteur übermalt habe. Ich fand den Reiz im Kontrast der glatten, nackten Körper und der naiv aufgetragenen Farbe. Zu den Lifestyle Magazinen bin ich umgestiegen um diese Welt der Oberflächlichkeit zu entkräften. Unnötig retuschierte Körper schaffen an sich schon eine falsche Wirklichkeit, ich kehre den Prozess nur um. Zugegeben auf sehr überzeichnete Art und Weise, aber Kunst darf meiner Ansicht nach gerne laut sein.
“Das Auge wird herausgerissen aus seiner ewigen Suche nach Perfektion”
Seit dem Jahr 2014 behandeln Sie in Ihren Werken die Themen Alterung und Verfall. Ein bemerkenswerter Fokus für einen jungen Künstler. Woher kam Ihr künstlerisches Interesse daran?
Alterung und Verfall üben auf mich schon seit Längerem große Faszination aus. Wir Menschen sind nicht in der Lage Zeit und Ewigkeiten zu verstehen. Klar, wir können uns Wörter dafür ausdenken und Messinstrumente schaffen, aber wirklich erfahren können wir Zeit nur in der Betrachtung des Verfalls. Dies löst in sehr vielen Menschen Ängste aus und sie flüchten sich in idealisierte Vorstellungen von Schönheit. Ich konzentriere mich auf die künstliche Alterung von Farbe als optischen Reiz. Das Auge wird herausgerissen aus seiner ewigen Suche nach Perfektion. Ironischerweise habe ich lange Zeit im Bereich der Anti Aging Kosmetik gearbeitet. Da war die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem (eher psychologischen) Thema ein willkommener Gegenpol.
Häufig übermalen Sie Magazine wie ELLE, GRAZIA, VOGUE, DONNA, PLAYBOY. Zeitschriften in denen Tod und Verfall keine große Rolle spielen. Denken Sie unsere Gesellschaft tut sich schwer mit diesen Themen?
Ich denke nicht, dass diese Themen unserer Gesellschaft schwer fallen, denn im Kino und der Literatur dreht sich alles entweder um Liebe oder Tod. Das sind die Themen die uns Menschen wirklich berühren, da sie uns nach vorn bringen oder komplett stoppen. Bei den oben genannten Magazinen geht es hauptsächlich um Fashion und was gerade angesagt ist. Eine zwanghafte Selbstinszenierung von Marke und Model, welche es verdient hat entlarvt zur werden. Hierbei verstecke ich das Motiv nicht hinter Farbe, sondern „markiere“ es. Daher reagieren diese Magazine auch nicht besonders gut darauf. Aber es gibt auch Magazine an denen ich einfach nur Freude an der Verfremdung habe ohne sie ärgern zu wollen.
Zurzeit bekommen wir täglich furchterregende Informationen über Todeszahlen und Opfer des Corona-Virus. Inwiefern beeinflusst diese außergewöhnliche Situation Sie als Künstler und ihre Kunst?
Natürlich ist die Situation auch für mich schwierig, aber ich bin nicht ängstlich was Corona anbetrifft. Gerade die aktuellen Meldungen veranlassen mich zu glauben, dass wir uns in einem sehr guten Gesundheitssystem befinden, welches der Krise gewachsen ist. Was mich als Künstler betrifft, so bin ich aktuell sehr froh nicht auf Verkäufe angewiesen zu sein. Ich habe in der Vergangenheit international gut verkauft, und die aktuelle Cover-Reihe ist ein kleiner Richtungswechsel und (zumindest im Moment) noch nicht reif zur Monetarisierung. Auch wenn die Kunstwelt gerade stark jammert, so wird es bei ihr keinen großen Schaden anrichten. Die großen Galerien machen ihre Umsätze auch ohne Laufkundschaft und die kleinen Galerien, die an der Krise zerbrechen, hätten sich sowieso nicht auf Dauer gehalten.
In einer Ihrer älteren Reihen zeigen Sie Tiere, als “deplatzierte Protagonisten”. Ein Bär, einen Hasen, aber auch ein Einhorn. Verkörpern diese Tiere bei Ihnen menschliche Eigenschaften, oder weshalb haben Sie sich für Tiere als Protagonisten entschieden?
Tiere haben in dieser Reihe einen ähnlichen Stand wie Protagonisten in einer Fabel. Natürlich verkörpern Sie dabei menschliche Eigenschaften. Beispielsweise der Bär („Trophäenjäger ii“ 2015) ist ein Jäger und Sammler zugleich. Er erlegt seine Mahlzeit und hängt sich die Geweihe als Trophäe an die Wand. Auch viele Menschen neigen zu solchen Geschmacklosigkeiten, aber der Bär in dieser Geschichte ist sich dessen bewusst. Er kann nur nicht aus seiner Rolle, da es von ihm erwartet wird. Es lohnt sich immer etwas zu verweilen, denn ich kann natürlich nur von meiner Intention beim Schaffensprozess sprechen. Die Geschichten sind da und wollen nur aus den Bildern gelesen werden. Ob die Geschichten des Betrachters mit meinen deckungsgleich sind ist zweitrangig.
Was sind Ihre nächsten künstlerischen Projekte? Wird es weiter um Verfall, Alterung und die Dekonstruktion von Wirklichkeit gehen?
In nächster Zeit bin ich weiterhin mit Magazinen beschäftigt, aber für 2021 plane ich das Projekt auf Cover von Schallplatten auszuweiten. Jedoch wird Verfall und Alterung immer ein Teil meines Schaffens bleiben, da es für mich zu einer Art kontinuierlicher Treibstoff geworden ist.
Wo und wann können wir Ihre Bilder ausgestellt sehen – sobald die Krise vorbei ist?
Das ist erstmal noch nicht sicher. Geplant waren 2020 diverse Ausstellungen in Frankfurt und eine in Zürich, aber die Corona Krise hat alles erstmal auf Eis gelegt. Es wird sich zeigen was 2020 noch hergibt, aber wenn nichts weiter geht wird es im nächsten Jahr besser – ich bin da recht entspannt.
Joma Bunk stammt ursprünglich aus Augsburg, lebt und arbeitet aber seit 2012 in Frankfurt am Main. Das Zeichnen und Malen hat er sich in seiner Kindheit selbst beigebracht.
Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen ?
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag! Ich glaube, du triffst einen sehr wichtigen Punkt in unserer Realität.