Berühmte Gemälde bekannter Künstler: Abstraktion der Nachkriegszeit (New York School)
Die berühmt-berüchtigte “New York School” bezieht sich auf eine Strömung von abstrakten Werken in den Jahrzehnten nach dem 2.Weltkrieg, die für den Aufstieg der abstrakten Malerei in der Mitte des 20. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung waren. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine “echte” Schule im herkömmlichen Sinne, sondern um eine interdisziplinäre Bewegung von Malern und Bildhauern, Dichtern, Schriftstellern, Tänzern, Musikern, Komponisten etc., die sich im Umfeld des damals preisgünstigen Viertels Greenwich Village im Lower Manhattan von New York City ansiedelten.
Zu dieser Zeit wurde die Idee einer modernen amerikanischen Kunstbewegung belächelt, da die Europäer die Kunstentwicklung weltweit dominierten und Paris das unbestrittene Zentrum der modernen Kunst war. Für die (später erfolgreiche) Absicht, die Hauptstadt der Kunstwelt nach New York City zu verlegen, spielten Einflüsse europäischer Kunstbewegungen wie der Kubismus und Surrealismus, die Zuwanderung großer Künstler und Denker aufgrund des 2. Weltkriegs sowie das frisch gegründete Museum of Modern Art eine zentrale Rolle.
Im Mittelpunkt stand der Gedanke, das Alte, ‘das Europäische’ loszuwerden und es durch neue Materialien der Arbeiterklasse zu ersetzen, um ultimativ die Malerei von allem zu reinigen, was ihr fremd ist. Und das bedeutete auch: Die Lossagung von jeglichem Sujet.
Inhaltsverzeichnis
Berühmte Gemälde bekannter Künstler der New York School
Barnett Newman: Vir heroicus sublimis
“Just as I affect the canvas, so does the canvas affect me.” — Barnett Newman
Der Maler und Theoretiker Barnett Newman, Sohn polnisch-jüdischer Einwanderer, war einer der intellektuellsten Künstler der New York School. Geprägt durch sein Philosophiestudium am City College of New York und sein politisches Engagement, kandidierte er z.B. für das Amt des Bürgermeisters, und war sich v.a. der akuten Bedrohungen des Nationalsozialismus und der Atombombe bewusst.
Für ihn war die Kunst ein Akt der Selbstschöpfung und ein Bekenntnis zur politischen, intellektuellen und individuellen Freiheit. Er war bereits etwa 30, als er mit der Malerei begann, und viele seiner frühen Arbeiten hielt er für unwürdig und vernichtete sie später – erst ab 1944 betrachtete er sein Werk als ausgereift.
Alle seiner Werke, darunter auch das berühmte ‘Vir heroicus sublimis’ enthalten mindestens ein vertikales Band, das den oberen und unteren Rand des Bildes verbindet und das er “Reißverschluss” nannte. Seine anarchische Unabhängigkeit und seine kompromisslose Haltung waren prägend für seine Kunst, die erst in den 1960er Jahren breite Akzeptanz fand.
Jackson Pollock: No. 5, 1948
“My method of painting is a natural growth out of a need: I want to express my feelings rather than illustrate them.” — Jackson Pollock
Jackson Pollock wurde 1912 in Wyoming geboren und wuchs in Arizona und Kalifornien auf. Im Alter von 18 Jahren zog er nach New York, um unter Thomas Hart Benton zu studieren. Pollocks frühes figuratives Werk spiegelt diese Mentorschaft wider (von der er sich später distanzieren sollte), genau so wie sein breit gefächertes Interesse am Surrealismus, am Unterbewusstsein, an politisch aufgeladenen Gemälden der mexikanischen Muralisten, an der Kunst der amerikanischen Ureinwohner und an den Werken von Pablo Picasso.
Obwohl Pollock am besten für seine so genannten “Drip Paintings” wie z.B. ‘No. 5, 1948 ’bekannt ist, kam er erst 1947 zu diesem Stil, nachdem er mehr als 15 Jahre lang Figuration, Abstraktion und Kompositionen, die beide miteinander verschmolzen, erkundet hatte.
Seine bahnbrechende Methode bestand darin, dass der Künstler immer größere, ungespannte Leinwände auf den Boden legte und dann flüssige Emaillefarben darauf schleuderte, tropfte und schüttete, was zu dicht verwobenen Netzwerken seiner Gesten führte.
In seinen frühen Experimenten mit der Tropftechnik folgte Pollock der surrealistischen Tradition, indem er zufällige Effekte in seine Kompositionen einbrachte und die Farbe nicht mehr starr mit dem Pinsel kontrollierte.
Doch bald schon beherrschte er diese Technik, indem er die Bewegungen seines Körpers wie ein Tänzer oder Sportler kontrollierte, die sich dann fließend in lineare Zeichen auf der Leinwand darunter umsetzten.
Zeit seines Lebens hing Pollock der Stereotyp eines ‘gequälten Genies’ an, den das Life-Magazone 1949 als den “größte lebende Maler der Vereinigten Staaten” bezeichnete. Gefestigt wurde dieses Bild auch von seinem Unfalltod im Alter von 44 Jahren, nachdem er betrunken mit seinem Auto gegen einen Baum geprallt war.
Willem De Kooning: Woman I
“What you do when you paint, you take a brush full of paint, get paint on the picture, and you have fate.” — Willem de Kooning
Wenn Jackson Pollock das öffentliche Gesicht der New Yorker Avantgarde war, war Willem de Kooning für viele der ‘heimliche Anführer’ der Bewegung. Er wurde in Rotterdam in ärmlichen Verhältnissen geboren, und besuchte dort die Akademie, wo er eine Ausbildung in der bildenden und kommerziellen Kunst erhielt.
Als junger, abenteuerlustiger Künstler begab er sich 1926 als blinder Passagier auf ein Schiff nach Argentinien, umging die Einwanderungsbehörde und machte sich auf den Weg nach New Jersey, wo er zunächst als Hausmaler arbeitete.
Große Pinsel und flüssige Farben waren die Werkzeuge seines Berufs, die er auch während seiner gesamten künstlerischen Laufbahn verwenden sollte. Zu großer Bekanntheit als Künstler brachte Koonig es in den 1940er Jahren, wo er schließlich zu einem wichtigen Bindeglied zwischen der Malerei der New York School und der europäischen Moderne wurde.
Körperliche Arbeit und zahllose Überarbeitungen waren Konstanten in seinen Werken wie ‘Woman I’, in denen er die Grenzen zwischen Figuration und Abstraktion verschmolz. Besonders seine Frauenbilder gehörten schon damals zu den umstrittensten Werken, und werden auch heute noch intensiv diskutiert.
Mark Rothko: Untitled, 1968
“My paintings’ surfaces are expansive and push outward in all directions, or their surfaces contract and rush inward in all directions. Between these two poles, you can find everything I want to say.” — Mark Rothko
Mark Rothko, geboren 1903 als Markus Rothkowitz in Lettland, wanderte 1913 mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten aus. Nach seinem Abbruch an der Yale University fand auch er in New York seinen Platz, und begann dort 1925 ein Studium an der Parsons School of Design bei dem Maler Arshile Gorky, der ihn und viele andere abstrakte Expressionisten stark beeinflusste.
Mark Rothko wollte Bilder malen, die die Menschen zu Tränen rühren. Wie seine Malerkollegen der New York School – z.B. Barnett Newman – malte Rothko, um die Tiefen seiner selbst und der menschlichen Existenz auszuloten. Für ihn war Kunst eine tiefgreifende Form der Kommunikation, und Kunst zu machen war ein moralischer Akt.
“Ich bin nur daran interessiert, grundlegende menschliche Emotionen auszudrücken – Tragödie, Ekstase, Untergang und so weiter”, erklärte er. “Und die Tatsache, dass viele Menschen zusammenbrechen und weinen, wenn sie meine Bilder sehen, zeigt, dass ich diese grundlegenden menschlichen Emotionen vermitteln kann.”
So wurde er ab 1947 zum Pionier der Farbfeldmalerei, der sich durch große Freiräume und eine ausdrucksstarke Verwendung von Farbe auszeichnet. Werke wie ‘Untitled (1968)’ verhalfen ihm schon zu Lebzeiten zu sowohl kritischen als auch kommerziellen Erfolg.
Den Rest seiner Karriere verbrachte Rothko damit, die grenzenlosen Möglichkeiten zu erforschen, die sich aus der Schichtung unterschiedlich großer und farbiger Rechtecke auf Farbfeldern ergeben.
Doch auch er kämpfte mit schweren Angstzuständen und gesundheitlichen Problemen, und seiner damit verbundenen Trink- und Rauchgewohnheiten, die schlussendlich zu seinem Suizid im Jahre 1970 im Alter von 66 Jahren führten.
Agnes Martin: Friendship, 1963
“Self-expression is inevitable. In your work, in the way that you do your work and in the results of your work your self is expressed.” — Agnes Martin
Geboren im kanadischen Südwesten, zog Agnes Martin 1931 im Alter von 12 Jahren in die Vereinigten Staaten, um bei ihrer Schwester zu leben. In den folgenden 25 Jahren durchquerte sie das Land von Washington, New Mexico und Oregon bis nach New York. Während dieser Zeit unterrichtete sie, erwarb einen Bachelor- und einen Master-Abschluss in Bildender Kunst & Kunsterziehung und erkannte mit 30 Jahren, dass sie Künstlerin werden wollte.
In den frühen 1950er Jahren lernt sie den Buddhismus und Taoismus kennen, und verbindet diese spirituellen und philosophischen Systeme zu einem persönlichen, ethischen Kodex, nach dem sie lebte und an das Kunstschaffen heranging.
Während ihres Aufenthalts in New York von 1957 bis 1967 lebte sie in einer Künstlergemeinschaft – eine Erfahrung, die ihr Leben und ihre Arbeit nachhaltig beeinflusste. Dort schuf sie die sparsamen, rasterartigen Kompositionen aus geometrischen Formen, die in sich wiederholenden, symmetrischen Mustern angeordnet waren.
Bis 1963 hatte sie das Raster zu ihrem wichtigsten kompositorischen Mittel gemacht, das sie auf quadratische Leinwände legte, die sie mit gedämpften Schleiern durchscheinender Farbe überzog. Werke wie ‘Friendship, 1963’ werden oft als Minimalismus bezeichnet, doch ist Martin wahrscheinlich eher als letzte Vertreterin des Abstrakten Expressionismus zu verstehen, den sie von Gestik befreite und mit systematischen Wiederholungen bereicherte.
Ab 1967 wurde Agnes Martins Leben in Manhattan unhaltbar, da Todesfälle und der Abriss ihres Hauses zu schizophrenen Schüben führte. Martin malte, schrieb und hielt Vorträge bis zu ihrem Tod im Jahr 2004, im Alter von 92 Jahren.
Yayoi Kusama: Infinity Net (1961)
“Bring on Picasso, bring on Matisse, bring on anybody! I would stand up to them all with a single polka dot!” — Yayoi Kusama
Kusama wurde 1929 in eine wohlhabende, aber zerrüttete Familie in Nagano, Japan, hineingeboren. Ihre schwierige Kindheit war geprägt von, wie sie behauptet, der Grausamkeit ihrer Mutter, der Untreue ihres Vaters und der Entmutigung ihres Interesses an der Kunst durch die Familie.
Sie begann im Alter von 10 Jahren zu malen, als sie die visuellen und akustischen Halluzinationen erlebte, die sie für den Rest ihres Lebens plagten, aber auch ihre Kreativität beflügelten. Nach einem Studium der traditionellen japanischen Malerei in Kyoto verließ Kusama die Schule und zog 1958 nach New York.
Zum ersten Mal frei und ungehindert, begann sie mit großformatigen monochromen Gemälden, für die sie schnell die Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich zog und zu einem wichtigen Teil der New Yorker Avantgarde-Kunstszene wurde.
Sie entwickelte einen unverwechselbaren Stil, der sich auf Ansätze des Abstrakten Expressionismus, des Minimalismus, der Pop Art, der feministischen Kunst und der Institutionskritik stützte – so auch zu sehen in ‘Infinity Net’ (1961).
Bis in die 1970er Jahre schuf die produktive Künstlerin dort Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Happenings, Installationen, Mode und Filme. Alle Erzeugnisse zeichnen sich durch ihre einzigartige Ästhetik aus, die durch den großzügigen Einsatz von sog. ‘Polka-Dots’ und dichten, sich wiederholenden Mustern gekennzeichnet sind, um ein Gefühl der Unendlichkeit zu erzeugen.
1973 kehrte Kusama nach Japan zurück, um sich 2 Jahre später in psychische Behandlung im Seiwa-Krankenhaus zu begeben, wo sie bis heute lebt und arbeitet.
Max Rübensal ist ein zeitgenössischer Künstler und Kunst-Autor aus Berlin, der in seinen Werken und Texten über Symbolik, Identität, Popkultur und die ständig wachsende Digitalisierung unseres Alltagslebens reflektiert. Mehr dazu findest du auf seiner Webseite.
Web: https://maxruebensal.com/
Instagram: https://www.instagram.com/maxruebensal/
