Diana Achtzig - Kunst braucht einen extremen Digitalschub
Diana Achtzig ist seit vielen Jahren als Künstlerin und Galeristin aktiv und kennt den Kunstmarkt wie kaum eine andere. Im Interview erzählt sie, vor welche Herausforderungen die digitale Welt die Kunst stellt und welche virtuellen Konzepte zukünftig immer relevanter werden könnten.
Sie sind Künstlerin und zugleich Galeristin in ihrer eigenen “Achtzig Galerie” in Berlin am Prenzlauer Berg. Wie kam es dazu, dass Sie Ihre eigene Galeristin wurden?
Meine erste Galeriegründung war in Amsterdam im Jahr 1990 und keiner der 12 Künstlerinnen und Künstlern wollte sich mit der Betriebswirtschaft, Personalkosten, Steuern, Kunstmarketing, Pressearbeit mit Journalisten, Verkaufspsychologie, täglichen Mails, neuen Künstlern oder Kunstsammlern herumschlagen. Die Künstler zeigten alle plötzlich auf mich, somit begann ich mit meinem Beruf einer Kunstgaleristin. Erst später erfolgte im Jahr 2009 der Umzug nach Berlin mit der Gründung der Achtzig-Galerie für zeitgenössische Kunst in Berlin Mitte. Dort schlug die Gentrifizierung zu und ich musste in 3 Monaten neue Galerieräume finden. Dann erst konnte ich diese schöne Galerie im Prenzlauer Berg anmieten. Das ich meine eigene Galeristin bin, hatte ich noch nicht so betrachtet. Da ich anderen Künstlern dabei helfe tolle Kunstausstellung mit der wichtigen Öffentlichkeitsarbeit zu erhalten. Somit lagen meine Schwerpunkte schon immer auf einem Kunstmarketing für andere Künstlerinnen und Künstler, die in meinen Galerien ausstellten. Als Geschäftsführerin von mehreren Kunstgalerien und einer Kunstakademie musste ich immer sehr harte Entscheidungen im Kunstmarkt treffen, damit rückte die Persönlichkeitsentwicklung in meinen Fokus der Kunstreflektion und die damit steile Lernkurve.
“Ich konnte digitale und virtuelle Galerie-Ausstellungen mit Gewinnen verzeichnen”
Corona hat die gesamte Kulturbranche in Deutschland hart getroffen. Was ist Ihre Einschätzung: Wie steht es derzeit um die Galeristinnen und die bildenden Künstler? Werden noch Bilder verkauft – trotz Lockdown und Kontaktbeschränkungen?
Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden viele Kunstgalerien und Kunstschaffende verschwinden, da die Wirtschaft und der Kunstmarkt ganz empfindliche Strukturen darstellen. Es wird jedoch neue digitale und virtuelle Möglichkeiten für Kunstausstellungen geben! Ja, es werden noch Kunstwerke verkauft, jedoch nicht mehr in der hohen erforderlichen Stückzahl, wie das für eine gut laufende Galerie nötig ist. Das lernt man im BWL Studium in den Grundlagenkursen.
Für Künstlerinnen und Künstler gibt es jedoch die Möglichkeit digitale Gruppenausstellungen in der Berlin Produzentengalerie zu erhalten. Hier können sich studierte Künstler und Quereinsteiger bewerben.
Seit der Corona-Pandemie haben Sie mit Ihrer Galerie vier Online-Ausstellungen organisiert. Wie beurteilen Sie diese Vernissagen in der Retrospektive? Folgen Ihnen Ihre Kunden in eine digitale Galerie?
Ja, ich konnte digitale und virtuelle Galerie-Ausstellungen mit Gewinnen verzeichnen. Ab 1990 habe ich mir ein reales Netzwerk an echten analogen Kontakten mit Kunstsammlern und Käufern aufbauen können, dass hatte mich gerettet. Nur über suchmaschinenoptimierte Webseite (SEO) zu verkaufen gestaltet sich als etwas schwerer. Der Ausbau der persönlichen Weiterentwicklung, also der eigenen digitalen Fähigkeiten ist in diesem Moment sehr gefragt. Der Trend geht, für mich persönlich ganz stark in die digitale Verkaufsrichtung von Kunstwerken. Da werden virtuelle Konzepte möglich werden in der Virtuellen Realität (VR) und Erweiterten Realität (AR) sowie Künstliche Intelligenz (KI) von den wir heute noch träumen. Beispielsweise Cyber basierte Ausstellungs- und Präsentationskonzepte für den Kunstverkauf auf Webseiten. Das ist mein konkretes Forschungsprojekt für die kommenden Jahre. Leider könnte damit auch das Ende des Einzelhandels erreicht sein, ein Manager der Telekom hatte das bereits vor ca. 10 Jahren warnend im Nebensatz in einem Interview einer Tageszeitung erwähnt.
“Ich gebe Künstlern eine digitale Perspektive”
Glauben Sie Corona wird den Kunstmarkt nachhaltig verändern? Wird er sich in Zukunft noch stärker digitalisieren und welche Anstrengungen unternehmen Sie dafür als Galeristin?
Ja, die Corona-Krise zeigt uns alle exakten analogen Schwächen in unseren Kunstgalerien und weiteren Kunst-Firmen auf. Vom BWL, über die Paket-Versendung bis hin zur neuen digitalen Public Relations Arbeit im Kunstmarketing sehe ich heute bessere digitale Möglichkeiten der Verbesserung. Für den Einzelhandel und Kunstmarkt würde nun eine erhebliche digitale Veränderung anstehen, der extreme Digitalschub. Um Innovationsfähigkeit in Kunstgalerien zu entfesseln könnte eine Design Thinking Methode angewendet werden, um das Unternehmen neu digital auszurichten. Ich forsche bereits seit 1999 über neue digitale Präsentationsformate und deren preiswerter Umsetzung für Kunstgalerien.
Sie haben selbst an der Universität der Künste in Berlin studiert. Denken Sie es ist wichtig, dass angehende Künstlerinnen und Künstlern auch etwas über den Kunstmarkt lernen, und wird das genug getan?
Nein, das digitale Kunstmarketing, SEO basierte Webseitenerstellung, Betriebswirtschaft, Pressearbeit mit Journalisten und Personalführung oder Psychologie für den Kunstverkauf sind nicht der Gegenstand der heutigen Universitäts- und Hochschullehreehre. Es werden nicht mal digitale Lehrinhalte im Kunstbereich beachtet VR und AR oder KI. An meiner Achtzig-Kunstakademie-Berlin lehre ich diese neuen Lehrinhalte selbst, weil ohne das Wissen aus der Wirtschaft Künstlerinnen und Künstler keine digitale Perspektive hätten.
Zu Ihren persönlichen Lehrern gehörten unter anderem Alex Bär von der „Neuen Leipziger Schule“ oder Professor Arno Ring. Wie haben diese Künstler Sie in Ihrem Kunststil beeinflusst?
Der malerische Stil mit der Bildkomposition und Bildgestaltung hat mich nachhaltig positiv bei beiden Lehrern beeinflusst. Ich konnte diesen Unterricht sehr genießen und meine künstlerische Entwicklung voran bringen. Heute male ich ganz andere Bildkompositionen in meinen schwarz weißen Tierportraits, z.B. ein Hase mit einem Löwen- und Leopardenfell der sich selbst weiter entwickelt.
Einige ihrer sehr beindruckenden, neueren Bilder sind stark vom Malstil Picassos inspiriert. Was fasziniert Sie an Picasso?
Der Kunstmarkt entwickelt sich so rasend schnell, da kann man nicht langsam laufen. Pablo Picasso zeigt verschiedene Sichtweisen in seinen Werken auf, auch eine Geschäftsführerin wie. Z.B. der Berlin Produzentengalerie und Achtzig-Galerie sollte immer den Perspektivwechsel im Blick haben, dieser besondere kubistische Künstler führte mich quasi durch mein ganzes Leben. Weil er die persönliche Weiterentwicklung darin sieht, seine Perspektive zu wechseln, um neue kreative Ideen zu entwickeln.
Wann werden wir Ihre Bilder als nächstes live oder online bewundern können und was sind Ihre nächsten Projekte?
Weil ich auch die folgende Galerie im Kunstmarketing betreue sind Besucherinnen und Besucher herzlich dazu eingeladen, die neue Einzelausstellung unter dem Titel: „Chimären aus Tier und Mensch in der Zeit der Corona-Pandemie“ von mir vom 13.01.2021 bis zum 31.03.2021 im Foyer des Degewo-Skywalks in der Raoul-Wallenberg-Straße 40/42 in 12679 Berlin selbständig in Augenschein zu nehmen.
In der Galerie erstererster (Pappelallee 69, 10437 Berlin, Prenzlauer Berg) läuft gerade eine analoge Schaufensterausstellung im Corona Lockdown vom 22. bis zum 26. Februar 2021. Der Titel der Ausstellung lautet wie folgt: „SEELENVITAMIN“ – KUNST VON DREI BERLINER KÜNSTLERINNEN. Es werden Annekatrin Pischelt, Birgit Rakette und Diana Achtzig in der Kunstgalerie mit Kunstmarketing in Berlin präsentiert. Zwei Presseartikel zur Ausstellung: hier und hier. Eine weitere Ausstellung ist vom 16. Juni – 22. Juni 2021 in dieser Kunstgalerie als Künstlerin mit Ölbildern, Bildhauerarbeiten und Skulpturen in Planung.
Als Galeristin werde ich in der Achtzig-Galerie weitere digitale Kunstausstellungen für Künstlerinnen und Künstler im Corona Lockdown durchführen können.
Diana Achtzig hat 1999 ihr Diplom an der Universität der Künste in Berlin gemacht und hat sich seitdem als Künstlerin und Galeristin einen Namen gemacht. Ihre Werke werden seit vielen Jahren in Einzel- und Gruppenausstellungen in ganz Europa gezeigt. .
Spannendes Interview mit interessanten Perspektiven für die Qualifikation und Positionierung von Künstlern und Galeristen in einem sich rasant verändernden Kunstmarkt. Ohne innovative Konzepte, interdisziplinäre Kooperationen und Projekte wird es immer schwieriger, sich als KünstlerIn oder GaleristIn zu behaupten und seine Existenz zu sichern. Zunehmend werden internationale und digitale Ausstellungsformate und Vernetzungen den bestehenden Kunstmarkt mit seinen analogen Strukturen verdrängen.