Roland Walter - Die Kunst bringt mich auf Augenhöhe
Roland Walter ist Model, Fotograf, Performer und Schriftsteller. Er will es nicht zulassen, dass ihn seine Krankheit in irgendeiner Weise behindert. Er will der Welt vermitteln: Egal, wer du bist, das Leben hat für jeden eine Gabe, die angenommen werden will.
Sie arbeiten als Model, Fotograf, Performer und Schriftsteller. Wie ist ihre Faszination für die Performance Kunst entstanden und was kam zuerst?
Ich finde es toll, was man mit dem Körper alles machen kann. „Aber ich kann das nicht, dazu bin ich viel zu behindert“, waren meine Gedanken. Warum eigentlich? Ein Assistent von mir ist Musiker. Ich erzählte Fabian von meinen Überlegungen, es auszuprobieren und fragte ihn, ob er Lust hätte, für ein Solostück die Musik zu komponieren. Er sagte ja. Mit Freude machten wir uns an die Arbeit und so entstand mein erstes Solostück Discovery of life. Ich war happy und die Menschen zu Tränen gerührt. Schnell entwickelten wir zwei weitere Solostücke. Doch Discovery of life blieb der Favorit.
Parallel entdeckte ich auch die Freude am Schreiben und Fotografieren.
Was wollen Sie mit ihren Performances ausdrücken?
Ich behandle verschiedene Themen – von Menschlichkeit, Freude bis zur Sexualität. Bei allen Themen möchte ich zeigen, dass auch ein Leben mit unterschiedlichen Körpern wunderbar ist. Unterschiedlichen Körperlichkeiten im Tanz erweitern den Horizont in allen Ebenen, die diese Körper mit sich bringen, nicht nur in der Ästhetik, sondern auch als sozialer und politischer Körper. Wir müssen lernen die Verschiedenheit als Ergänzung und Bereicherung zu sehen.
“Auf der Bühne sieht man mich nicht als Behinderten, sondern als Künstler”
Was bedeuten die Performances für Sie als Mensch mit einer körperlichen Behinderung?
Meine Behinderung verlor an Bedeutung und ich wurde als Mensch auf Augenhöhe wahrgenommen. Das ist etwas Wunderbares. Und ich habe für mich eine gute Möglichkeit gefunden, meine Gedanken und Gefühle auszudrücken.
Wie reagiert das Publikum auf Ihre Kunst?
Unterschiedlich. Zuerst sehen sie mich als den Behinderten. Aber auf der Bühne verändert sich Behinderung und man sieht mich als Künstler. Die Wahrnehmung wird anders geschärft. Meine körperliche Einschränkung macht mich gerade auf der Bühne stark, weil es eine so einzigartige Körperlichkeit ist.
Wie überall in der Kunst. Der eine mag sie der andere nicht. Wichtig ist, dass man zu dem steht, was man tut. Dann wird man auch ernstgenommen und akzeptiert.
Werden Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit falsch oder zu wenig wahrgenommen?
Ja. Aber das ist mit jeder Randgruppe so. Deshalb ist es wichtig in der Gesellschaft Brücken zu bauen und miteinander zu reden.
Wie war das in Ihrer Kindheit und Ihrer Jugend in der ehemaligen DDR? Was hat sich seither geändert?
Ich war schon immer unbequem und ein Querdenker. Daran hat sich nichts geändert. Ich habe ja zwei unterschiedliche Gesellschaftsformen miterlebt – den Sozialismus und jetzt den Kapitalismus. Alles hat seine Sonnen- und Schattenseite.
Was planen Sie für die Zukunft?
Natürlich weitere Performances – ganz klar. Aber ich habe auch den Clown in mir entdeckt. So werde ich in Zukunft auch als Clown zu sehen sein.
Toll! Ein sehr mutiger und inspirierender Mensch!