Maria Bang Espersen - Glas steckt voller Metaphern
Maria Bang Espersen ist eine ausgebildete Glasbläserin und war schon immer neugierig darauf, was mit Glas alles möglich ist. Im Interview erzählt die dänische Künstlerin, was sie am Material Glas fasziniert und warum ihre Kunst politisch motiviert ist.
Sie haben drei Jahre lang die Grundlagen und Techniken der Glasbläserei gelernt. Wann haben Sie sich entschieden, mit der traditionellen Glasbläserei zu brechen und Künstlerin zu werden?
Auslöser war ein Wechsel meiner Schule. Ich hatte meine 3 Jahre an der Kosta School of Glass absolviert, wo ich mich nur auf Technik konzentriert hatte und wechselte an eine Designschule auf Bornholm, wo der Schwerpunkt auf dem Ergebnis lag. Ich hatte mir vorgenommen, dem anderen Zugang zum Handwerk, den mir die Schule in Bornholm bieten würde, gegenüber sehr offen zu sein. Am Anfang fiel es mir schwer, meinen Perfektionismus und meine Faszination für die klassische Glasbläserei los zu lassen. Aber als ich dort ankam, als ich verstand, was es bedeutet, ein Material wieder zu entdecken, gab es kein Zurück mehr. Ich war immer neugierig, was mit Glas alles möglich ist, und ich denke, das war für mich eine sehr natürliche Entwicklung. Ich möchte immer einen Schritt weiter gehen und ich liebe es Neues zu entdecken. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich mich neben dem Glas auch mit anderen Materialien und meinem konzeptionellen Ansatz zur Kunstherstellung beschäftigt habe.
„Glas ist ein Material, das noch teilweise unentdeckt ist“
Warum ist Glas für Sie ein so faszinierendes Material?
Erstens ist es faszinierend und herausfordernd mit Glas im geschmolzenen Zustand zu arbeiten. Ich liebe die Herausforderungen, die ständiger, technischer Fortschritt ermöglicht.
Zweitens ist es ein Material, das noch teilweise unentdeckt ist. Im Gegensatz zu Ton beispielsweise ist Glas erst seit den 60er Jahren Teil einer Atelierbewegung. Davor war es nur in der Fabrikproduktion relevant. Das bedeutet, dass es noch so viel zu lernen gibt. Glas kann uns immer noch überraschen und neue Seiten an sich zeigen. Ein Beispiel ist mein Projekt von 2012 mit dem Titel Craftformation. Hier bringe ich Glas mit Druckluft zur Explosion, wodurch es zu superfeinen Glasfäden wird.
Drittens ist es ein Material, das aufgrund seiner Transparenz Raum für viele Metaphern bietet und sich damit von jedem anderen Material unterscheidet. Glas hat ein großes künstlerisches Potential.
Ich habe ein sehr inspirierendes Zitat auf Ihrer Website gefunden: “Transparency is such a mess – it means both; that you look right through it and that something is clear. Please don’t look through it. Welcome to the present.” (2017) Sehen Sie Glas als Symbol für unser modernes Leben? Wenn ja, warum?
Ich sehe Glas nicht als Metapher für das moderne Leben, aber ich denke, dass es das Potenzial dazu hat. Außerdem finde ich es faszinierend, dass Transparenz und Klarheit Wörter sind, die metaphorisch in widersprüchlicher Weise verwendet werden. Dinge klar zu sehen bedeutet, etwas zu wissen, aber gleichzeitig bedeutet Transparenz Unsichtbarkeit, und deshalb wird es etwas, das nicht gesehen werden kann oder nicht bekannt ist. Ich verwende diesen konzeptionellen Rahmen in einigen meiner Arbeiten.
„Kunst ist für mich zu einem politischen Werkzeug mit so viel Potenzial geworden.“
Viele Ihrer Skulpturen haben politische Botschaften. Beispielsweise adressieren Sie im Projekt “National Costume” fragwürdige politische Entscheidungen der dänischen Regierung in Flüchtlingsfragen. Wird Ihre Kunst oft von politischen Ereignissen inspiriert?
Ja, wird sie. Ich halte es für wichtig, sich sowohl kulturell als auch politisch mit dem zu befassen, was geschieht. Seit einiger Zeit läuft die dänische Politik in die falsche Richtung, und deshalb kann ich einfach nicht anders, als mich an diesem Diskurs zu beteiligen.

National Costume
Die schlechte Behandlung von Ausländern, einschließlich Flüchtlingen, durch die dänische Regierung erscheint mir einfach grausam. Es ist ein Diskurs, den wir nie vergessen sollten und der ständig angegangen werden muss. Nur weil ich eine Künstlerin bin, bedeutet das nicht, dass ich nicht handeln kann. Für mich ist Kunst zu einem politischen Werkzeug mit so viel Potenzial geworden.
Sehen Sie sich selbst als politische Künstlerin?
Das tue ich. Ich halte sogar die weniger offensichtlichen Glasarbeiten für politisch. Sie sind auf andere Weise politisch als zum Beispiel “National Costume”, aber ich glaube nicht, dass irgendeine Handlung völlig außerhalb der Politik steht. Alles, was wir tun, ist ein Austausch mit der Welt, in der sie existiert. Meine abstrakten Glasskulpturen sind auf sanfte Weise politisch; sie hinterfragen Konventionen und traditionelle Vorstellungen darüber, was Glas ist und sein kann, einfach indem sie eine Alternative bieten. Sie versuchen, unsere Grenzen zu überschreiten und öffnen unsere Augen für die Möglichkeit, dass die Dinge immer auch anders sein können. Meine Arbeiten scheinen zu sagen: “Es gibt immer eine andere Möglichkeit” und das passt sehr gut in eine größere politische Diskussion über Normen und Traditionen.
Bald werden Ihre Arbeiten im Victoria and Albert Museum London, einem der weltweit führenden Kunstmuseen, ausgestellt. Wie fühlt sich das für Sie an?
Laut einem Freund von mir, der kürzlich dort war, ist meine Kunst bereits im V&A zu sehen. Diese Aufnahme macht mich übermäßig glücklich und ich fühle mich geehrt, dass sich das Museum entschieden hat, zwei Stücke aus der Soft Series zu kaufen. Es ist spannend zu wissen, dass sie auch weiterhin Teil dieser Sammlung sein werden und für kommende Generationen verfügbar sind. Die Anerkennung auf dieser Ebene ist für mich atemberaubend, und ich schätze sie sehr.
Vom 14. bis 17. November 2019 werden Ihre Arbeiten auf der Affordable Art Fair in Hamburg gezeigt. Wie wichtig sind Kunstmessen für Sie als Künstler?
Kunstmessen sind wichtig wegen der großen Besucherzahl und wegen “unerwarteten” Besuchern. Einzelne Galerien haben oft ein eigenes Publikum, aber auf einer Kunstmesse wird die Gruppe der Menschen, die Sie erreichen, erweitert. Es macht mir immer Spaß, meine Arbeit mit einem neuen Publikum zu teilen und neue Käufer und Bewunderer zu finden.
„Denke nie, dass deine Arbeit nicht gut genug ist.“
Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Fähigkeit, ein berühmter Künstler zu werden, außer wunderbare und inspirierende Kunstwerke zu schaffen?
Ich weiß nicht, ob ich die richtige Person bin, um diese Frage zu beantworten, aber ich werde einige Anmerkungen zu dem machen, was mir in den Jahren der Herstellung von Glasskulpturen wichtig war.
Ein Künstler muss in vielen Dingen wirklich gut sein, nicht nur beim Gestalten. Das ist oft schwierig. Am Anfang habe ich mich auf alles mögliche beworben, was ich finden konnte. Dies dauert oft sehr lange, aber es scheint notwendig zu sein, um seine Kunst am Anfang zu bekannt zu machen. Darüber hinaus ist es wichtig, gute Fotos von den Kunstwerken zu haben, und oft ist es nützlich, gut schreiben und sich gut vernetzen zu können. Der wichtigste Ratschlag, den ich anderen geben kann, ist, weiterhin an sich selbst zu glauben und sich nicht von etwas entmutigen zu lassen. Denke nie, dass deine Arbeit nicht gut genug ist, sondern bewerbe dich einfach für alles. Man weiß nie, wann man plötzlich eine Chance oder einen Preis erhält, von dem man nie gedacht hatte, dass es möglich gewesen wäre.
Facebook: https://www.facebook.com/mariabang.espersen
Web: http://www.mariabangespersen.com

Das sind wirklich wunderschöne Skulpturen!
Tolle Glasskulpturen – Super schöne Bilder.
VG
Lara